Einführung
Halli Hallöchen alle zusammen,
wir grüßen alle Teilnehmer*innen und Lesende! Kussis an alle, die sich stabil die Straßen genommen haben und sich dem Repressionsapparat von Stadt und Bullen entgegengestellt haben. Danke an die Demo-Sanis, die erste Reihe, die PolKos, den EA, die Gruppen, die Lautiwägen gestellt haben und alle, die Schichten und Verantwortung übernommen haben. Ganz viel Liebe an euch <3
Nachdem wir die letzte Zeit zur Reflexion und Aufarbeitung genutzt haben, möchten wir mit diesem Communique die Nachttanzdemo 2024 abschließen. Wir möchten darauf eingehen, wie wir uns die Demo vorgestellt haben, was passiert ist und wie wir die Geschehenisse einordnen. Wir hoffen, hiermit an Stellen für Klarheit sorgen zu können und mit neuem Schwung in die kommenden Wochen und Monate zu starten.
Ablauf der Demo aus Orgaperspektive
Wir starteten die Demo auf einer Nebenstraße der Eschholsstraße, um der Aufsicht der Bullen zu entgehen. Dann liefen wir auf die Eschholzstraße wo sich uns der erste große Wagen anschloss. Auf der Eschholzstraße wurde die Demo dann auf Höhe der Tramstation von einer zweireihigen Polizeikette aufgehalten. Während die Zeit genutzt wurde, um Reden zu halten und weiter fette Mucke zu machen, traten Menschen in Kontakt mit den Cops, um ihnen die (von uns) geplante Route vorzustellen.
Die Cops zeigten sich anfangs durch abfragen unserer Route zum Teil kooperativ, brauchten aber sehr lange, um unsere vorgeschlagene Route zu „diskutieren“. Um Punkt 22 Uhr kamen sie erst wieder zurück. Sie präsentierten einen kompromisslosen „Gegenvorschlag“. Laut den Cops durfte die Demo sich nurnoch bei einer Lautstärke unter 65db einmal über die Dreisam aus der Stadt hinaus zur KaTS bewegen. Daraufhin entschieden wir, dass es unter diesen Einschränkung von staatlicher Seite keinen Sinn mehr macht, weiter in eine Kooperation zu gehen. „Wir Demonstrieren wie wir wollen, gegen überwachung und Kontrollen“.
Nachdem die Demo weiterhin laut blieb und bereitstand loszulaufen, wurde sie von den Cops aufgelöst. Über Lautsprecher wurde verkündet, dass Menschen sich in kleinen Gruppen von der Eschholzstraße entfernen sollten und dass die Lautsprecher ausgemacht werden sollten.
Zu dieser Zeit begannen Gruppen von Bullen in den Teil der Demo einzudringen und sich um die Lautsprächerwägen zu stellen. Dies geschah ohne Einhalten der 3 Minuten-Regel zwischen den 3 Aufforderungen. Nach längerem Warten und diskutieren wurden die Lautiwägen dann unter Aufsicht von Menschen beschlagnahmt und zur Polizeiwache gebracht.
Etwas weiter vorne in der Eschholzstraße war es jedoch nicht klar, dass die Demo aufgelöst worden war. Stattdessen konnten Demonstrierende auf der anderen Seite der Polizeikette eine neue erste Reihe formen. Diese lief dann die Eschholzstraße weiter Richtung Kreuzung Egonstraße und wurden vorerst nicht von der Polizei aufgehalten. Es schien vorne so, als hätten die Cops uns doch wieder weiterlaufen lassen. Die neu geformte Demo lief dann vorbei an einem Demowagen, der nur darauf wartete sich in die Demo einzureihen.
Und so kam es, dass die Demo ca. um halb elf mit neuer fetter Mukke und guter Laune die Eschholzstraße weiter entlang lief.
Dass diese gute Laune nicht lange brauchte, um die Cops zu stören wunderte jedoch niemanden. Ab elf Uhr war der vorderste Demowagen komplett eingekesselt, die Musik leise gestellt und die Demo wurde erneut aufgelöst.
Währed dieser Ereignisse versuchten kleinere Gruppen von Menschen durch Teile der Stadt zu ziehen und dort ihre Wut auf die Straße zu bringen. Sie hatten dafür Boxen mitgebracht, spielten Musik und riefen Demosprüche.
Gegen 1 Uhr wurden die Straßen immer leerer und die Demo und Menschen schienen sich langsam nach Hause zu bewegen.
Polizei strategie
Einen Tag vor der Demo hat die Stadt Freiburg folgende Allgemeinverfügung veröffentlicht: https://www.freiburg.de/pb/2261130.html. Bereits zu Beginn stand ein massives Polizeiaufgebot die ganze Escholzstraße und in der Umgebung bereit. Als die Kommunikation von unserer Seite aus wegen den zu einschränkenden Auflagen beendet wurde, bildeten sich Polizeiketten und die Demo wurde entgegen der Situation vor Ort als „gewaltbereit“ und „unkooperativ“ abgestempelt, um das massive Bullenaufgebot und den vollkommen überzogenen Einsatz zu rechtfertigen. Die Bullen vor Ort waren sichtlich überfordert und es schien keinerlei Strategie zu geben, ausser das krampfhafte Verhindern einer Laufdemonstration. Nachdem die Demo dann großangekündigt aufgelöst wurde, strömten Cops in alle Ecken aus und stolperten unkoordiniert durch die Gegend. Bereits während der Demo und nun auch im Rückblick ist deutlich klar, dass die Strategie der Cops von vorneherein darauf ausgelegt sein sollte, die Demo gar nicht erst loslaufen zu lassen. Statt einer flotten, schönen Demo wurde nun mehrere Stunden die Escholzstraße blockiert. Wie genau das in die Strategie der Stadt und der Bullen reinpassen soll, die Auseinandersetzung mit den Themen der Demo zu verhindern, bleibt unklar.
Die meisten waren sich in Gesprächen über die Nachttanzdemo einig, dass die Strategie der Bullen zwar nicht überraschend aber trotzdem völlig unangemessen, unkoordiniert und eskalativ war.
Gleichzeitig wurde aber auch die Orga der Nachttanzdemo kritisiert und wir wollen hier dieser Kritik Raum geben und uns dazu äußern.
Einordnug rede sfp
Ein sehr berechtigter Grund der Kritik war die Rede, die von den „Students for Palestine“ gehalten wurde. Wir möchten dazu transparent machen, dass der Inhalt der Rede nicht mit der Orga abgesprochen war. Ausgemacht war ein Redebeitrag zu „Wohnungsnot aus migrantischer Perspektive“. Dabei wäre von unserer Seite aus auch durchaus Raum gewesen, um zum Beispiel über die Räumungswellen im besetzten Ostjerusalem oder die gewaltsame Vertreibung der Menschen in Masafer Yatta oder schlicht die Flächenbombardierung Gazas zu sprechen. Leider ist dies nicht geschehen. Nachdem wir mit einem Vertrauensvorschuss eine Bühne zur Verfügung stellten, wurde diese zur mackrigen Selbstinszenierung genutzt. Die Rede hatte kaum bis keinen Bezug zu den Themen der Nachttanzdemo. Wir sehen Inhalte der Rede und die Art, wie sie gehalten wurde, äußerst kritisch und distanzieren uns von den Holocaust verharmlosenden Aussagen. Wir sind mit der Gruppe in Kontakt getreten und haben bereits unsere Kritik und unseren Unmut geäußert. Auch die Gruppe, die den Wagen für die Rede zur Verfügung gestellt hatte, wurde nicht über den Inhalt und die Art der Rede informiert. Wir möchten daher klarstellen, dass auch ihnen gegenüber eine übermäßige Kritik wegen der Rede nicht richtig wäre.
Eingehen auf Vorwurf der Inhaltslosigkeit
Abgesehen von der Rede von SfP wurde an unserer Demo auch kritisiert, dass die restlichen Reden inhaltslos waren. Dazu würden wir gerne erklären, dass die Orga-Rede ganz am Anfang als Begrüßungsrede angedacht war, um Menschen herzlich willkommen zu heißen, kurz einzuleiten und dann an die kommenden Redner*innen weiter zu geben. Leider war es uns auch aufgrund der aggressiven Strategie der Bullen nicht möglich, alle Reden zu hören, die für diesen Abend geplant waren. Auch hat das massive Aufgebot der Bullen eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Redebeiträgen schier unmöglich gemacht, da es definitiv eine Menge zu tun gab und Reden in diesem Chaos keinen Platz gefunden hätten. Weder hätten Menschen zuhören können, noch wäre es möglich gewesen, tiefgründige politische Analysen an eine breite Menge an Menschen zu bringen. Generell ist der Input-Faktor auf Nachttanzdemos eher gering. So ist es durchaus wichtig, zu Beginn die Problematik zu erklären und klar zu machen, wofür die Demo ist und steht. Gleichzeitig geht es bei dieser Art von Demos vorallem um Bewegung und Außenwirkung, nicht primär um die eigene kritische Weiterbildung. An dieser Stelle wollen wir dem AJZ Denzlingen noch herzlich danken, für deren großartigen Beitrag, der in all der Kritik so schnell unterging.
Eingehen auf RDL Artikel
Besonders laut wurde der Vorwurf der Inhaltslosigkeit in einem Meinungsbeitrag bei RadioDreyeckland. Teils berechtigte Kritik, auf die in diesem Communique und in Mailverkehr mit RDL eingegangen wird, wurde darin in eine niederschmetternde Bewertung der Demo und der Orga verwandelt. Die zum Teil auf Mutmaßungen basierenden Anschuldigungen und der Mangel an solidarischen Worten haben in uns eine Menge negativer Emotionen ausgelöst und unsere Stimmung gedämpft. Es muss Raum geben für kritischen Journalismus, auch innerhalb der Szene. Dem sind wir uns durchaus bewusst und den möchten wir fordern, unterstützen und aushalten. Gleichzeitig ist der vorliegende Beitrag weder konstruktiv, noch schimmert ein Interesse an ehrlichem Austausch durch. Wir erwarten mehr von linker, soldiarischer Presse.
Insgesamt Presse
Insgesamt war die Berichterstattung der Presse vergleichsweise neutral. https://www.ardmediathek.de/video/swr-aktuell-baden-wuerttemberg/nachttanzdemo-in-freiburg-von-polizei-aufgeloest/swr-bw/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzIxMTgzNzQ
Das war zunächst überraschend und ungewohnt, schauen wir mal für die Zukunft, was wird (was wird).
Einordnug Reaktion der Szene
An die Mausis aus der Szene, die vom Rand zugeschaut haben und kein konstruktives Wort, keine Unterstützung, sondern nur unsachliche Kritik übrig hatten und haben: es ist leicht, aus der sicheren Distanz zu kritisieren und keine Verantwortung zu übernehmen. Dann sind gerne mal alle Demos zu klein, zu inhaltslos, zu langweilig und so vieles mehr. Wir laden euch ein, Verantwortung zu übernehmen, vielleicht mal wirklich zu unterstützen und da zu sein, wenn ihr ehrlich gebraucht werdet. Eine Demo ist kein Konsumort, wo Mensch einfach hingehen kann. An einer Demo muss Mensch sich beteiligen und mitwirken. Jedes von euch kann die Demo und das Geschehen mit gestalten, dazu muss Mensch nicht in irgendeiner Orga sein. Seid dynamisch und autonom.
Einordnung gesamt gesellschaftliche politische Lage
Auch wenn unsere Demo dieses Mal nicht laufen konnte, geht unser Kampf für Freiräume und selbstbestimmtes Leben weiter. Das Boxenverbot gilt weiterhin und wird als einschränkende Maßnahme angewandt, um vor allem jungen Menschen die Abende zu ruinieren. Das Aufgebot und die Gewalt der Bullen wächst ständig. Die diesjährige Nachttanzdemo zeigt, warum sie nötig war und ist. Mit einem großen Bullenaufgebot wurde gegen junge Menschen, die ohne eine Bedrohung darzustellen für Freiräume und ihr Recht, Teil dieser Stadt zu sein, vorgegangen. Freiburg ist eben keine hippe, junge Green City sondern ein versnobter Haufen Scheiße. Wir sind hier unerwünscht, wie Alle, die sich den Chai Latte mit Hafermilch, das Bier oder die wahnsinnigen Mieten einfach nicht mehr leisten können. Diese Mieten und Vermieter*innen haben jeden Bezug zur Realität verloren. Wir möchten einen alten Spruch wieder bringen: „Die Häuser denen, die drin leben“ und damit dazu aufrufen, holt euch die Häuser zurück!
Am Beispiel der Nachttanzdemo, vielen anderen Demos, Kundgebungen, Grenzkontrollen, Polizeikontrollen und der Bezahlkarte können wir einiges erkennen. Unteranderem wie der Staat, seine Apparate und Unterstützer*innen immer weiter armutsbetroffene Menschen, Menschen auf der Flucht, Menschen die von Rassismen betroffenen sind, Behinderte, Queere, weiter marginalisierte und sich wehrende Menschen kontrolliert und einschränkt. Einschränkungen gelten nicht nur für unsere Freiräume zum Partymachen, sondern wie ihr seht für so vieles mehr. Die Lage wird immer schlimmer und härter, wenn alles als Gefahr gesehen wird, was nicht in das weiße bürgerliche Denken passt.
Weltweit werden Staaten und Regierungen immer autoritärer. Auch in unseren linken Kreisen setzen sich vermehrt autoritäre Organisierungsformen (wie Kader-Gruppen) durch, die es zu bekämpfen gilt. Linke werden verfolgt, gejagt und gefahndet. Dies sehen wir auch an den Festnahmen im Kontext vom Antifa-Ost Verfahren und dem Widerstand gegen den „Tag der Ehre“ in Budapest. Die Klimakatastrophe wütet und widerständige Bewegungen, ob in der westlich-privilegierten Welt, in Südamerika, in den schon seit Jahren stark betroffenen Gebieten in Afrika oder anderswo, werden immer härter angegriffen, niedergeschlagen und niedergemetzelt. Dazu nehmen anti-feministische Denkweisen wieder Fahrt auf und weltweit werden Queers, FLINTA*s und Menschen, die vom Patriarchat betroffen sind, Diskriminierung und Angriffen ausgesetzt.Und es passiert noch so viel mehr, was wir hier seitenlang aufschreiben könnten.
Aufruf zum handeln und zum anlysieren
Es ist Zeit zu Handeln und zu analysieren. Das Analysieren der Lage geht Hand in Hand mit der Auseinandersetzung mit Theorien.
Wartet nicht darauf, dass irgendwas passiert oder andere etwas für euch organisieren. Autonom heißt auch selbstständig und unabhängig. All dies sind keine neuen Phänomene, informiert euch und lernt, wie ihr euch auflehnen könnt. Am Ende des Tages fließen die meisten Themen ineinander über und bedingen sich gegenseitig.
Perspektiven wie gehts weiter
Wie geht es jetzt weiter? Wir werden den Bonzen sicher keine Ruhe lassen und uns Stein für Stein und Stück für Stück die Stadt zurückerobern. Wir möchten euch auffordern, nicht auf den nächsten Demoaufruf, der mit Sicherheit kommen wird, zu warten, sondern selbst in Aktion zu gehen. Nehmt die Steine und Sprühdosen und Bluetooth-Boxen und alles was ihr finden könnt in die Hand! Wir sehen uns nächstes Jahr und bis dahin, passt auf euch auf und bleibt in Bewegung. Unite in the dark <3